Fair Fashion zu teuer, Fast Fashion zu günstig?
Wenn du dir Gedanken zu den Gründen für den höheren Verkaufspreis von nachhaltig und fair produzierter Kleidung machst, solltest du dir erst einmal eine Gegenfrage stellen: Wie kann es sein, dass die verkauften Kleidungsstücke von Fast Fashion Marken so günstig sind? Die Antwort darauf beantwortet sich irgendwie recht intuitiv: Jemand anderes bezahlt irgendwo den Preis dafür. Im Falle der Textilindustrie sind es vor allem die Menschen, welche die Kleidung herstellen. Leider ist es in der Textilproduktion traurige Wahrheit, dass die Fabrikmitarbeiter*innen meist unterbezahlt sind und teilweise wohl auch gar nicht bezahlt oder zu Zwangsarbeit verdonnert werden. Der Gedanke daran, dass jemand anderes darunter leiden muss, damit ich mir ein günstiges T-Shirt oder eine billige Jeans kaufen kann, sollte mehr als abschreckend sein. Doch die Verkaufszahlen der riesigen Fast Fashion Marken, wie H&M, Zara, C&A, Mango, etc., sprechen eine andere Sprache. Durch die enorme Grösse dieser Marken und den damit verbundenen hohen Verkaufszahlen (je mehr Verkäufe, desto niedrigere Fixkosten im Verhältnis), ist es ihnen möglich Kleidungsstücke zu solch günstigen Preisen zu verkaufen. Zusätzlich werden viele Kosten durch eine möglichst günstige Produktion der Kleidung eingespart, welche aber zu Lasten von Menschen und der Umwelt fallen (billige, nicht nachhaltig produzierte Materialien, Einsatz von schädlichen Chemikalien, Unterbezahlung und Ausbeutung von Fabrikarbeitern, …).
Lässt du dir diese Punkte durch den Kopf gehen, kommt die logische Schlussfolgerung zustande, dass Fair Fashion nicht per se teuer ist, sondern Fast Fashion einfach zu günstig!
Natürlich rechtfertigt eine ökologische und faire Produktion nicht automatisch astronomisch hohe Fantasiepreise für Kleidungsstücke. Eine Hose muss nicht 500 Fr. kosten, 14,90 Fr. sind hingegen zu wenig, damit die Produktionsbedingungen Mensch und Umwelt gerecht werden können.
Wie bei allen Konsumgütern hast du die Macht mit jedem deiner Käufe zu entscheiden, ob du ein möglichst faires und ökologisch hergestelltes Produkt unterstützen möchtest oder doch ein potentiell umweltschädigendes und leidbringendes. Der Effekt durch die Masse darf ausserdem nicht unterschätzt werden. Entscheiden sich immer mehr Menschen zu verantwortungsbewussten, nachhaltigen Einkäufen, unter anderem beim Kleiderkauf, werden Fair Fashion Marken gestärkt und können mit wachsenden Verkaufszahlen ihre Preise noch kundenfreundlicher nach unten anpassen. Du entscheidest also massgeblich mit, welche Unternehmen zukünftig wachsen sollen und somit einen bedeutenden Einfluss auf unsere Umwelt haben.
Kurz zusammengefasst die 3 Hauptpunkte, wieso Fast Fashion so günstig sein kann:
- Unglaubliche Massen an Verkäufen ermöglichen es den Marken einen solch günstigen Verkaufspreis für die einzelnen Kleidungsstücke zu verlangen.
- Kosteneinsparungen durch menschenunwürdige Arbeitsbedingungen. Unterbezahlung, Ausbeutung der Fabrikarbeiter*innen, meist in Entwicklungsländern.
- Kosteneinsparungen zu Lasten der Umwelt. Verwendung von möglichst günstigen und leider meist umweltbelastenden Rohstoffen und Materialien.
Also unterschätze keinesfalls die Macht, die du bei jeder Kaufentscheidung hast und dass du automatisch deine Stimme dafür abgibst, ob sich unsere Welt in eine nachhaltige, ökologische und faire Zukunft bewegen soll oder nicht.
x [wo]manskirt
P.S. Ganz aktuell wurde eine europäische Bürgerinitiative ergriffen, die die Europäische Kommission auffordert, Rechtsvorschriften einzuführen, die von Marken und Einzelhändlern in der Textilbranche verbesserte Arbeitsbedingungen und -rechte verlangen.
Mehr Infos dazu: Good clothes fair pay, Europäische Bürgerinitiative